Berufliche Schulen Eschwege
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Studienfahrten im BG

40 Jahre BG - Studienfahrten - Erlebnisse der besonderen Art
Ein Rückblick von OStR Otto Steinmetz

 

Nebensächliches zum Thema „Studienfahrten"

Kurz vor den Herbstferien bat mich der Chef, doch in meinen Erinnerungen zu kramen und für das 40-jährige Jubiläum des BG etwas zu Papier zu bringen. Als Beispiel nannte er Begebenheiten, die sich auf Klassenfahrten zugetragen haben, an denen ich als Lehrer des Wirtschaftsgymnasiums und nachmaligen Beruflichen Gymnasiums teilgenommen habe. Mein Elaborat solle möglichst der Erhei-terung der Leser dienen.

 

Daher werde ich etwas aus dem „Nähkästchen" plaudern. Man darf somit von mir an dieser Stelle keine erziehungswissenschaftliche Abhandlung zum Beispiel darüber erwarten, wie man es als Lehrerin oder Lehrer anzustellen habe, dass auf einer Studienfahrt der Forderung des „Wander-Erlasses" nach unterrichtlichem Bezug durch eine geeignete Programmkonzeption genügt werden könne. Meine lieben Schülerinnen und Schüler sowie ich selbst haben uns immer damit begnügt, dass auf den Fahrten zumindest ein Bezug zu einem wissenschaftlichen Thema gegeben war: zu „Zufallsprozessen": Denn wer einmal mit mir unterwegs war, glaubt nicht mehr an die Determiniertheit menschlichen Handelns.

 

Hilfreich für mich war, dass ich im Falle der Kritik etwas engstirniger Zeitgenossen und -genossinnen an angeblich pädagogisch fragwürdigen Programmpunkten ab einem gewissen Zeitpunkt immer mit einer „Generalbegründung" glänzen konnte, nämlich, diese Vorhaben dienten der „Verbesserung der Lernausgangslage".

 

Diesen starken Begriff verdanke ich einem freundlichen Hinweis, den mir Herr Bevern, langjähriger Leiter unseres Erziehungs- und Bildungsinstitutes, einstens gegeben hatte, als ich wieder einmal hilflos vor einem Fahrtantrag saß und nicht wusste, was ich in die „Begründungszeile" eintragen sollte.

Von der ersten, an der ich teilnahm und die nach Füssen führte, nur ein Foto aus dem September 1976:

 

Das Bild zeigt Herrn StD Karl-Hermann Wiegler, stellvertretenden Schulleiter und Klassenlehrer der WG12a, einer gerade vor Schloss Neuschwanstein vorgefahrenen Kutsche entsteigend und die zahlreichen dem Schauspiel beiwohnenden Touristen huldvollst grüßend, zur Linken wie zur Rechten liebe Schülerinnen in ihrer Funktion als Ehrenjungfrauen und im Vordergrund einen Mann ohne Kopf, Klassenlehrer der WG12b, gerade einer seiner Lieblingsbeschäftigungen nachgehend, nämlich staatlich sanktionierten Hierarchien durch seine Gestik sinnfälligen Ausdruck zu verleihen.

 

Im Mai 1977 ließ man mich dann erstmals allein mit einer Klasse auf Fahrt gehen. Sie führte nach Köln. Am Abend unseres Ankunftstages, ein Programmpunkt war nicht vorgesehen, äußerten die Schüler und Schülerinnen den Wunsch, doch die Jugendherberge in Richtung Altstadt verlassen zu dürfen, um dort einige Kneipen aufsuchen zu können. Ich hatte damit keine Probleme, machte aber eine Einschränkung: Um meiner Aufsichtspflicht nachgehen zu können, sollte die Klasse zusammenbleiben, nur den Volljährigen wurde Dispens von dieser Regelung erteilt.

 

Während nun „meine" Gruppe fröhlich dem „Kölsch" zusprach, aber immer eingedenk der schon den alten Römern bekannten Weisheit „dosis facit venenum" (= die Menge macht das Gift), missachtete diese wohl einer der Volljährigen, der sich absentiert hatte, und nun nach uns in der Jugendherberge eintraf und dort auf den Boden seines Zimmers einen Teil seines Mageninhaltes erbrach.

 

Seine Zimmerkameraden halfen ihm vorbildlich bei der Beseitigung der Spuren dieses kleinen Malheurs, doch ließen sie sich dummerweise auf der Toilette, wo sie sich weiteres Reinigungsmaterial holten, vom Herbergsvater erwischen, der laut dröhnend und auch mich noch aus meinem ersten Tiefschlaf weckend die Heimschickung des Delinquenten forderte, was im nächsten Morgengrauen zu vollziehen sei.

 

Ich weiß nun nicht, ob ich damals schon genauso naiv war, wie ich heute leider manchmal auch noch bin, jedenfalls beschloss ich, dem Schüler Glauben in seinem Beteuern zu schenken, nicht zu viel Alkohol getrunken, sondern Magenprobleme zu haben. und den Herbergsvater wegen seiner Kompetenzüberschreitung in seine Schranken zu verweisen. Denn wenn jemand Sanktionen verhängt, bin ich das, und sonst niemand.

 

Ich versuchte, die Schwäche meiner Argumente dadurch etwas auszugleichen, dass ich dem Herbergsvater, um ihn gnädig zu stimmen, 50 DM anbot.. Aber wie so oft im Leben: Ich hatte keinen Erfolg. Er blökte mich nur an: „Ich lasse mich nicht bestechen!" Das hat mich zugegebener weise sehr erstaunt, denn ich dachte bis dato, in Köln sei alles Klüngel und Geld das beste Schmiermittel. Aber bei einigen Bewohnern scheint doch die fast anderthalb Jahrhunderte dauernde „Besetzung" des Rheinlandes durch Preußen zur Verinnerlichung solcher Tugenden geführt zu haben, die angeblich in diesem Staat allen seinen Dienern eigen waren.

 

Ich bemühte mich mein unsittliches Ansinnen noch dadurch zu kaschieren, indem ich vorgab, die 50 DM seien doch als Entgelt für höheren Reinigungsaufwand gedacht. Doch der blieb dabei: Der Schüler fährt nach Haus. Ich versuchte es dann mit Witz, Geist und Charme. Das half: Nach einer Dreiviertelstunde bekannte er, in seinem Leben auch schon einmal einen über den Durst getrunken zu haben: Der Schüler durfte bleiben.

 

Ich wollte nun Vorkehrungen treffen, dass uns so etwas wie am ersten Abend am zweiten nicht noch einmal passieren sollte. Ich ordnete daher an, dass sich nach der abendlichen Rheinfahrt auf einem Tanzschiff alle Schülerinnen und Schüler, ohne Ausnahme, an der Anlegestelle zu sammeln hätten, um in einer nahe gelegenen Kneipe noch einen Schlummertrunk zu sich nehmen zu können, damit die Jugendherberge noch vor ihrem Schließen - wenn ich mich recht erinnere: 23:30 Uhr - pünktlich erreicht werden könne. So geschah es dann, aber doch nicht ganz komplikationsfrei. Die Schüler ris-sen in der Altstadt eine Kneipentüre nach der anderen auf, um nachzusehen, ob für unsere 18- oder 19-köpfige Gruppe genügend Sitzplätze frei seien. Sie wurden bald fündig, ein Schüler hatte einen langen schmalen Raum entdeckt, in dem kaum jemand saß. Außen hing, wenn meine Erinnerung nicht trügt, ein Schild mit der Aufschrift „Zum Pferdehalfter".

 

Das kam mir nicht verdächtig vor. Was mich allerdings noch stutziger machte, war, dass die hinter der langen linksseitigen Theke stehenden Bedienung ihre oberhalb der Gürtellinie befindlichen weiblichen Reize auf das Offenherzigste zeigte. Der größere Teil der Gruppe, einschließlich meiner Person, nahm an einem runden Tisch im hinteren Bereich des Raumes Platz. Zwei der Knaben aber setzten sich an dessen Frontalende in eine grottenartige Ausbuchtung, die vom sowieso schon spärlich ausgeleuchteten Hauptraum noch durch zwei trottelbesetzte Samtvorhänge abgetrennt war.

 

Als dann die Bedienung hinter der Theke hervorkam, auf uns zusteuerte und fragte: „Wat wollt ir dann trinke?", stockte uns fast der Atem, so viel Bein zeigte die Dame. Etwas später öffnete sich eine Seitentür und der heraustretende Herr starrte die Schülerschar an, als hätte er eine Erscheinung. Er setzte sich an die Theke, um etwas zu trinken. Etwas zeitversetzt folgte ihm aus besagter Tür eine Dame an seine Seite, viel Fleisch zeigend und uns gleichermaßen schockiert betrachtend.

Jetzt war wohl jedem von uns klar, welches die Hauptfunktion dieses Etablissements war. Ich versichere hiermit allen Eltern und allen aktuellen und gewesenen Partnern und Partnerinnen dieser Schülerinnen und Schüler, dass ich sie unbeschadet an Leib und - wie ich hoffe - auch an Seele aus dem Bordell herausgeführt habe, abgesehen von dem jeweils einen Getränk, das jeder dort selbst zu sich genommen hatte.

 

Nachdem ich den lieben Kleinen nun unfreiwillig ein Stück großstädtischer Subkultur geboten hatte, wollte ich Ihnen auf dieser Fahrt auch noch „echte" Bildungserlebnisse verschaffen. Neben dem Besuch des Bonner Bundestages und der Besichtigung des Kölner Doms, des Wallraf-Richartz-Museums, des Schlosses in Brühl hatte ich mich noch mittels Dehio „Rheinland" für eine Führung durch die zum Teil erst „ganz frisch" wieder aufgebauten romanischen Kirchen Kölns präpariert.

 

Für den letzten Tag hatte ich mir - dramaturgisch geschickt, wenn ich mich mal selbst loben darf; noch ein Highlight aufgehoben: Phantasialand bei Brühl.

Wie das Foto von der Wildwasserfahrt zeigt, hat es allen Spaß gemacht. Ich durfte sogar einmal vorne sitzen, was mein Selbstwertgefühl ungemein gestärkt hat. Ich habe allerdings auch die meisten Wasserspritzer abbekommen.

 

1981 waren Karl-Hermann Wiegler, Henry Buchardt mit Gemahlin und ich wieder auf Studienfahrt, diesmal mit der gesamten Jahrgangsstufe 11 des Beruflichen Gymnasiums, wie es nach Einführung des Kurssystems 1977 genannt wurde.

 

Übernachtungsort war die Rießerkopf-Hütte oberhalb von Garmisch-Partenkirchen. Von den legendären Disco-Abenden in der Toni-Hütte könnte ich auch einiges berichten, was mich zumindest im Nachhinein erheitert. Weil aber so viele Teilnehmer an dieser Fahrt später Karriere gemacht haben und wohl auch noch an derselben basteln, gebietet des Sängers Höflichkeit hier Schweigen, denn ohne Veröffentlichung personenbezogener Daten wäre eine angemessene Schilderung der Ereignisse nicht möglich. Gleiches gilt für die Paris-Fahrt, ein Jahr später, in gleicher Besetzung.

 

Mit Wolfgang Stenner und der Jahrgangsstufe 12 des Beruflichen Gymnasiums haben wir 1985 eine Studienfahrt an den Bodensee unternommen. Ich muss gestehen, dass in meiner Erinnerung nur zwei Dinge aufsteigen, die mich auch heute noch heiter stimmen. Einmal der Besuch der Wallfahrtskirche in Birnau und zum anderen der Blick der Damen an der Rezeption des Luxushotels in Bregenz, als sie der Schülergruppe ansichtig wurden, die sich in der mit noblen Teppichen ausgelegten Lobby lümmelten. Denn durch ein Versehen des Busunternehmers konnten wir die letzte Nacht der Fahrt nicht mehr in der schlichten Pension in Sipplingen verbringen, sondern brauchten ein Ausweichquartier. Dieses zu bieten versprach kurzfristig der Bregenzer Hotelmanager, ohne zu wissen, dass die angekündigte Reisegruppe aus Schülern und Schülerinnen bestand.

 

1987 war ich dann wieder mal allein mit einer Klasse (11c) des Beruflichen Gymnasiums unterwegs. Wunderbares Wetter Ende April / Anfang Mai war wahrscheinlich eine der Voraussetzungen dafür, dass die Fahrt nach Stuttgart ausgesprochen harmonisch verlief. Hier erinnere ich mich eigentlich nur noch eines Negativums, nämlich des ausgesprochen kärglichen Essens in der Jugendherberge.

 

Ein Jahr später, 1988, war dann die gesamte Jahrgangsstufe 12 in St. Malo und für eine Nacht auch noch in Paris. Bemerkenswert erscheint mir hier in der Rückschau besonders das Verhalten von Lehrern. Während Henry Buchardt mit Gemahlin zur Beaufsichtigung der Schülerinnen mit denselben in einem Nebengebäude untergebracht waren, durften Wolfgang Stenner, Manfred Zindel und ich auf die testosteron gesteuerten Knaben aufpassen. Während meine beiden lieben Kollegen ihrer Aufsichtspflicht rund um die Uhr nachkamen, habe ich zumindest in der Nacht ruhig geschlummert.

 

Ich fühlte mich damals ja auch schon so alt. Nur einmal mussten mich Wolfgang und Manfred zwecks Beruhigung einzelner Schüler wecken, weil die Unruhe in den Anlagen, die das Centre de Recontres Internationales umgaben, einfach zu groß geworden war, ansonsten durfte ich durchschlafen. Während ich diese Zeilen schreibe, ist mir nun erstmals klar geworden, warum die beiden Kollegen Karriere gemacht haben und ich nicht: Sie waren eben wacher!

 

Dass in 1991 die Fahrt mit meiner 13-er-Tutorgruppe nach Regensburg völlig problemfrei verlief, hatte natürlich auch seinen Grund. Annett Steinhoff (heute: Beck-Steinhoff) war mit von der Partie und hat ihren veredelnden Einfluss als Frau ausgeübt.

 

Dem Gruppenfoto liegt das Motto zugrunde: „Lieber lebend vor der Walhalla als tot in derselben!"

 

1993 mussten die Schüler und Schülerinnen wieder mit mir allein Vorlieb nehmen, als wir das wiedervereinigte Berlin in Augenschein nahmen. Erheitert hat mich damals, dass die Kleinen schockiert dar-auf reagiert haben, dass man Ihnen im Jugendgästehaus „Koloniestraße" in Wedding Gulasch servierte, und zwar in großen Schüsseln auf dem zuerst eingefüllten Sauerkraut schwimmend.

 

Ich will aber nicht verschweigen, dass uns auf dieser Fahrt auch Genüsse geboten wurden, die allgemein anerkannt als edlere eingestuft wurden, so der Belcanto der Sopranistin Lucia Aliberti, damals als „Berliner Callas" apostrophieret, die in der Deutschen Oper in der Titelrolle von Donizettis „Lucia di Lammermoor" das Publikum insbesondere mit der Wahnsinnsarie so zur Raserei brachte, dass ihr auf offener Szene die langstieligen Rosen nur so zuflogen.

 

Ich gebe zu, dass ich seit frühester Jugend von einer Sängerkarriere geträumt habe. Da es dazu bei mir weder stimmlich noch von der musikalischen Begabung her gesehen je gereicht hat, müssen nun meine armen Schüler und Schülerinnen im Mathematik-Leistungskurs als Zwangspublikum meine gelegentlichen Auftritte erdulden. Rote Rosen hat es danach bei mir nie geregnet, aber mit Pfennig-münzen hat man nach mir immerhin schon geworfen.

 

Die Studienfahrt nach München mit der 11 BG W2 in 1996 erbrachte als Erheiterndes die Inaugen-scheinnahme des Höhepunktes des bayerischen Rokoko, der von den Gebrüdern Asam ausgestatteten Kirche St. Johann Nepomuk in der Sendlinger Straße. Der Rest ist Schweigen.

 

1999 war Berlin wieder Fahrtziel. Die gesamte Jahrgangsstufe 11 war mit von der Partie und die Kol-legin Christina Wolf und der Kollege Bernd Kraiger. Hier muss ich nun einen Planungsfehler meinerseits gestehen. Das kulturelle Angebot der Hauptstadt sollte natürlich genutzt werden und der von mir ansonsten bevorzugte Genuss einer Opernaufführung sollte zugunsten eines Besuches eines Sprechtheaterstückes zurückgestellt werden. Ausnahmsweise sollten nicht meine Neigungen bei der Programmgestaltung im Mittelpunkt stehen, sondern es sollte dem Unterrichtsbezug der Vorrang gegeben werden.

 

Die Wahl fiel auf Brechts „Der gute Mensch von Sezuan", das im Gorki-Theater gegeben wurde. Eine kleine exklusive Schar von Schülerinnen und Schülern, der Besuch war freigestellt worden, wollte die Lehrerin und die Lehrer begleiten. Als wir drei Lehrer dann um 19:20 Uhr an der Kasse des Gorki-Theaters erschienen, sagte uns die dort tätige Dame nur, dass wir nicht eine halbe Stunde vor Aufführungsbeginn erschienen seien und sie daher die Karten schon an eine Gruppe von Schülern der Deutschen Schule in Santiago de Chile weiterverkauft habe. Unsere Entgegnung, wir würden doch die Halb-Stunden-Frist einhalten, beantwortete die Dame mit, Vorstellungsbeginn sei um 19:30 Uhr.

 

Den Blick, den mir daraufhin meine liebe Kollegin zuwarf, lässt mich noch heute erschaudern, denn ich hatte 20:00 Uhr als Beginn notiert.Weil nun der Hochkultur-Genuss ins Wasser gefallen war, einigten wir uns mit den inzwischen eingetroffenen Schülerinnen und Schülern darauf, uns in Bescheidung zu üben, querten die Straße „Unter den Linden", setzten uns ins Operncafe und tranken Rotwein (Rebsorte: Merlot), der zwar kein vollwertiger Ersatz für ein Brecht-Stück war, doch besänftigende Wirkung auf alle Beteiligten ausübte.

 

In gleicher Schülerbesetzung wie im Vorjahr haben wir dann in 2000 mit Viola Groeber, Dirk Bogott und Hubert Burghardt dem im nördlichen Tschechien gelegenen Gablonz an der Neiße (Jablonec nad Nisou) einen Besuch abgestattet, auch um unsere Schulpartnerschaft mit der dortigen Handels-akademie zu pflegen. Hier kam ich wieder einmal auf meine Kosten, wir durften nämlich im benachbarten Reichenberg (Liberec) einer Premiere von Verdis „Othello" beiwohnen, gesungen in italienischer Sprache mit slawischem Akzent, ich war fasziniert. Aber auch die lieben Schülerinnen und Schüler kamen bei den abendlichen Partys in dem zur Disco umfunktionierten Speisesaal des Hotels auf ihre Kosten.

 

Die letzten drei Studienfahrten, an denen ich teilnahm, hatten einen sportlichen Schwerpunkt: Skifahren; gerade heraus gesagt: im krassen Widerspruch zu meinen Neigungen stehend. Was ich aber auf diesen Fahrten gelernt habe, ist, meine Vorurteile gegenüber Liebhabern dieser Sportart abzubauen, weil ich miterlebt habe, welchen Spaß und welche Befriedigung gerade auch Anfänger unter den Schülern und Schülerinnen auf der Piste erlebt haben.

 

Jeweils mit der Jahrgangsstufe 12 waren Ines Haberland, Rainer Manegold, Peter Schmid und ich 2003, 2006 und 2009 in Kössen in Tirol. Das Tutorenquartett wurde bei den letzten beiden Fahrten noch von einem echten Profi, Wolfgang Umbach von der Anne-Frank-Schule, unterstützt.


Meine Aufgabe beschränkte sich darauf, mit den Schülerinnen und Schülern, die aus verschiedensten Gründen nicht am Skifahren teilnehmen konnten, das Alternativ-Programm zu absolvieren. Nachdem ich zunöchst arbeitslos war, weil alle Schüler auf die Piste gingen, bahnte sich ein Höhepunkt dieser Tätigkeit am vorletzten Tag unseres Kössen-Aufenthaltes an. Bei Einbrechen der Dämmerung stellten meine liebe Kollegin und meine lieben Kollegen fest, dass eine Schülerin und vier Schüler noch nicht - wie vereinbart - im Jugendsporthotel angekommen waren, sondern sich noch irgendwo am Unterberg rumtreiben mussten.

 

Per Handy-Anruf konnte dann der genaue Aufenthaltsort der Regelverletzer ermittelt werden: die Bä-renhütte, wo sie es sich mit ihrer Skilehrerin, einer frisch diplomierten Psychologin, in 1500 m Höhe gemütlich gemacht hatten. Wir zitterten unten in 650 m Höhe und malten uns, von Schreckensvisionen gepeinigt, die Abfahrt der Abtrünnigen durch den dunklen Wald aus. Aber es ging alles gut. Alle sechs Personen erreichten in heilem Zustand das Jugendsporthotel.

 

Diesen Zustand wollten wir ihnen aber nicht gönnen. Insbesondere die Psychologin musste ein Donnerwetter über sich ergehen lassen und der unartigen Schülerin und den unartigen Schülern wurde für den letzten Tag Skifahrverbot erteilt und zur Strafverschärfung „Alternativprogrammierung" durch mich. Am nächsten Morgen zog ich dann mit der um zwei „echte Alternative" vergrößerten Delinquentenschar ins Dorf, wo ich dieselbe zwang, meine Bewunderung für die spätbarocke Ausstattung der Pfarrkirche zum heiligen Peter zu teilen.

 

Danach bewegten wir uns gemütlich schreitend auf den Staffnerhof zu, in der Absicht, auf die Edernalm hinaufzusteigen, der laut einem Schild 45 „Wanderminuten" entfernt war Leichten Fußes schwebte die Schülerschar den Berg hinan, während ich immer mehr transpirierte.

 

Als ich endlich hochroten Kopfes, keuchend und schweißgebadet als Letzter den Gastraum der Jausenstation betrat, empfing mich der Wirt mit sadistischem Grinsen und den Worten: „Ach, dösch is wol Euer Trainer!" Ich fing an, Rachpläne zu schmieden, aber das fast schon schwarz gegrillte Schweinesteak und die fetttriefenden Bratkartoffeln versöhnten mich, weil sie so hervorragend schmeckten, dass ich von meinen Plänen wieder Abstand nahm.

 

Drei Jahre später, 2009, habe ich versucht, die Traumatisierungen aus dem Jahr 2003 dadurch auf-zuarbeiten, dass ich diesen schweren Weg noch einmal gegangen bin. Viele kleine Verschnaufpausen, aufmunternde Worte und selbst ich erreichte die Jausenstation in einem menschenähnlichen Zustand. Einen Tag später aber wurde mein Selbstwertgefühl wieder völlig ruiniert. Das Ziel war nun die Taubenseehütte und dazu musste ein Höhenunterschied von 560 m überwunden werden, und dies nach starkem Schneefall, Straßen waren wegen Lawinengefahr gesperrt.

 

Von Alterseitelkeit getrieben glaubte ich, vorneweg schreiten zu müssen. Aber der Schnee lag schon knietief hoch und bei den zahlreichen Verwehungen im Hohlweg muss mein Krabbeln auf allen Vieren einen so erbarmungswürdigen Eindruck gemacht haben, dass mich dann alle drei anderen überrundeten. Schließlich machte dann ein Schüler „Bahn", der andere schob mich in besonders steilen Abschnitten. Womit ich das verdient habe, weiß ich bis heute nicht. Was ich nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, ich bin oben lebend auf der Hütte angekommen. Kurz danach folgte eine fröhliche Rentnerschar beiderlei Geschlechts, der man weder Mühe noch Arbeit ansah.

 

So keimt in mir doch die Hoffnung auf, dass in meinem absehbaren Ruhestand wieder alles gut werden könnte.

 

Allen meinen lieben Schülerinnen und Schülern und meinen lieben Kolleginnen und Kollegen herzlichen Dank für die meinen Verstand schärfenden als auch mein Herz und meine Sinne beglückenden Bildungserlebnisse, die mir auf den BG-Studienfahrten zuteil wurden.

 

Otto Steinmetz

 

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